
28/08/2025 0 Kommentare
Pfarrer Wolfgang Grieb: 30 Jahre in Hermannstein
Pfarrer Wolfgang Grieb: 30 Jahre in Hermannstein
# Gemeinsam im Dekanat

Pfarrer Wolfgang Grieb: 30 Jahre in Hermannstein
Wetzlar-Hermannstein. Das ist eine große Besonderheit: Wolfgang Grieb ist seit 30 Jahren Pfarrer in Hermannstein. So lange an einem Ort, das gibt es nicht oft. Der 64-Jährige fühlt sich noch immer wohl in seiner Gemeinde und wird wohl bis zu seinem Ruhestand in etwa drei Jahren auch in dem Wetzlarer Stadtteil bleiben.
1995 wurde Grieb als Pfarrer ordiniert und ist seitdem geblieben. Das wird in Hermannstein mit zwei Veranstaltungen gefeiert. Am Donnerstag, 28. August, ab 19 Uhr gibt es in der Paulskirche Musikkabarett mit dem Frankfurter Duo Camillo. Bereits eine Stunde zuvor lädt Grieb zu einem Sektempfang ins Gemeindehaus ein. Im Anschluss ist noch ein geselliges Feiern geplant. Am Sonntag, 31. August, um 10 Uhr gibt es dann einen Jubiläumsgottesdienst, in dem Grieb einen heiteren Gemeinderückblick in Form einer Büttenpredigt vorträgt.

Aufgewachsen ist der Hermannsteiner Pfarrer in Münzenberg-Gambach, also in der Wetterau. Nach dem Abitur am Weidig-Gymnasium in Butzbach leistete er anstelle eines Zivildienstes einen sozialen Friedensdienst mit der Organisation „Aktion Sühnezeichen“ (Berlin) in Israel ab. Diese Zeit sollte prägend für sein späteres Leben und Arbeiten sein, denn der Pfarrer fühlt sich stark verbunden mit dem Heiligen Land.
Als Jugendlicher wollte er entweder in die Mission, in die Theologie oder in die Wissenschaft. Geprägt hatte ihn der Gambacher Pfarrer Günter Hahn, ebenso ein charismatisch orientierter Pfarrer, Freund seines Vaters und ein eher liberaler Klassenlehrer. In seiner Heimatgemeinde hat er viele Jahre im Kindergottesdienst mitgearbeitet und Konfirmandenfreizeiten mit geleitet. „Dabei habe ich viele Erfahrungen gesammelt, die mir im Beruf zugutegekommen sind“, fasst Grieb diese Zeit zusammen. Die Arbeit mit Menschen mache ihm Freude. „Alles, was mit Verwaltung zu tun hat, fällt mir schwer“.
Grieb studierte von 1982 bis 1989 in Oberursel, Tübingen, Jerusalem und Mainz. Gerade die Zeit in Jerusalem habe ihn theologisch geweitet für den interreligiösen Dialog mit Juden und Muslimen. Damals hat der Pfarrer in Israel seine heutige Ehefrau Gunhild Schiewe-Grieb kennengelernt, die als Lehrerin in Hermannstein arbeitet. Die beiden haben drei erwachsene Kinder, die in Berlin und Frankfurt leben. Beruflich sei er verheiratet mit der Gemeinde und mit Israel. „Mein Leben war immer der Versuch, zwischen Gemeinde und Israel auszutarieren“, erzählt Grieb. Zum anderen habe ihm die Bodenständigkeit in Hermannstein die Möglichkeit gegeben, sich für das Thema Israel zu engagieren. Viele Gemeinde- und Studienreisen haben ihn ins Heilige Land geführt und etliche Referenten aus Israel sind in Hermannstein gewesen. Zwischen 1982 und 1995 hat der Seelsorger insgesamt sechs Jahre in Israel/Palästina gelebt. Er ist evangelischer Vorsitzender der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Gießen-Wetzlar. Grieb ist langjähriger Synodalbeauftragter für das Christlich-Jüdische Gespräch des Evangelischen Kirchenkreises an Lahn und Dill und seit einigen Jahren auch Synodalbeauftragter für das Christlich-Islamische Gespräch. Jedes Jahr am 9. November bei der Gedenkveranstaltung anlässlich der Pogromnacht 1938 in der Wetzlarer Pfannenstielsgasse hält er eine Ansprache. Die SPD Wetzlar verlieh ihm wegen seines Einsatzes für den christlich-jüdischen Dialog den Lina-Muders-Preis.

Neben Kirche und Israel hat Grieb ein weiteres Standbein: Er erteilt gerne Religionsunterricht. Bis zu acht Schulstunden hat er früher gehalten, an der Grundschule in Hermannsein, an der Kestnerschule und auch an der Goetheschule. Heute sind es noch zwei Schulstunden pro Woche. Von Hermannstein in eine andere Stelle zu wechseln, dazu habe es mal eine Anfrage wegen einer Schulpfarrstelle gegeben. Doch der Seelsorger ist seiner Gemeinde treu geblieben. In drei Jahrzehnten sind einige Dienste zusammen gekommen. Über 1.000 Predigten und ebenso mehr als 1.000 Beerdigungen hat er gehalten. Dazu kommen noch Hunderte Taufen und Trauungen. „Ich höre gerne Menschen zu“, sagt Grieb. Bei der Goldkonfirmation in diesem Jahr waren Teilnehmer, bei denen er entweder die Eltern beerdigt oder Kinder und Enkel getauft hat. Das langjährige Begleiten sie ein großer Schatz. Gefragt nach seiner Lieblings-Geschichte in der Bibel antwortet er spontan: „Das Buch Jona“. Das könne er bei Kindern, bei Konfirmanden und in der Predigt aufgreifen. „Die Jona-Geschichte erzählt von der Barmherzigkeit und grenzenlosen Liebe Gottes, vom Wunder der Umkehr und zusätzlich ist sie auch noch lustig“.
Bereits in den ersten Jahren seines Wirkens in Hermannstein habe er einige Projekte auf den Weg gebracht, etwa den monatlichen Nachmittagsgottesdienst mit viel Musik und Theater, der von einem Team vorbereitet wird. Den Konfirmandenunterricht beginnt er bereits im fünften Schuljahr. „Ich habe die Konfirmandenarbeit immer als lebensabschnittsbegleitendes Angebot verstanden“, sagt Pfarrer Grieb.
Selbstkritisch blickt der Seelsorger aber auch zurück. In den verbleibenden Jahren wolle er einüben gewisse Dinge zu lassen. Er mache zu viele Sachen und auch zu vieles alleine.
Text und Fotos: Lothar Rühl / WNZ
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