"Komm den Frieden wecken"

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# Gesellschaft + Bildung

"Komm den Frieden wecken"

Erinnern und Frieden wecken

Der kommende Sonntag ist ein besonderes Datum – der 9. November, ein Tag des Gedenkens in der deutschen Geschichte. Ein Tag des Erinnerns – ein Tag, der Freude und Schmerz, Hoffnung und Schuld in sich trägt.

Wir erinnern uns an die dunklen Stunden unserer Vergangenheit: an Gewalt, Unterdrückung und Diskriminierung. Wir denken an die Reichspogromnacht 1938, an brennende Synagogen, zerstörte Leben und an die unermessliche Schuld, die daraus erwuchs.

Doch Erinnern bedeutet mehr, als nur zurückzublicken. Erinnern heißt auch: Verantwortung übernehmen. Aus dem Gedenken erwächst die Aufgabe, für Frieden, Gerechtigkeit und Demokratie einzustehen. Der 9. November ruft uns auf, nicht gleichgültig zu werden – sondern hinzuschauen, aufzustehen, einzutreten: für Menschlichkeit, für Mitgefühl, für ein Miteinander, das die Würde jedes Menschen achtet.

Gleichzeitig erinnert uns dieser Tag auch an Momente der Hoffnung: Am 9. November 1989 fiel die Berliner Mauer. Mit Mut und Vertrauen kamen Menschen zusammen, suchten Zuflucht in Kirchen, beteten, demonstrierten friedlich – und überwanden, was sie trennte. Das zeigt uns: Wandel ist möglich. Frieden ist möglich. Immer wieder kommt es auf jeden Einzelnen von uns an.

Frieden wecken – die ökumenische Friedensdekade
https://www.friedensdekade.de/

Passend zu diesen beiden Gedenktagen beginnt am kommenden Sonntag auch die ökumenische Friedensdekade. Seit über 40 Jahren laden die christlichen Kirchen in Deutschland in diesen Tagen des Novembers dazu ein, innezuhalten: zehn Tage rund um den Buß- und Bettag – Tage des Gebets, der Besinnung und des Engagements für den Frieden.

In Gottesdiensten, Andachten, Friedensgebeten und Gesprächen wird darüber nachgedacht, wie Frieden gelingen kann – im eigenen Herzen ebenso wie in unserer Gesellschaft und in der Welt.Jedes Jahr steht die Friedensdekade unter einem neuen Motto, das uns inspirieren soll. In diesem Jahr lautet es: „Frieden wecken“.

Gerade jetzt – in einer Zeit, in der so viele Kriege toben, in der Angst und Unsicherheit viele Menschen begleiten – brauchen wir Zeichen des Friedens mehr denn je.Die Bilder aus der Ukraine, aus dem Nahen Osten und aus vielen anderen Krisengebieten machen uns traurig, manchmal auch sprachlos. Und doch dürfen sie uns nicht lähmen. Manchmal scheint es, als sei der Frieden eingeschlafen – als müssten wir ihn behutsam wieder wecken. Doch wo beginnt Frieden? Lässt er sich per Dekret verordnen oder beginnt er dort, wo die Waffen schweigen? 

Die aktuelle Lage beschäftigt und verunsichert und die Frage, ob mit Aufrüstung Frieden gesichert werden kann ist nicht einfach zu beantworten. Auch die Diskussion um die Einführung der Wehrpflicht beschäftigt mich als Mutter sehr. Ich kann mich informieren und eine Meinung bilden, aber kann ich aktiv etwas für den Frieden tun? Natürlich ist die Frage von Sicherheit, Verteidigung, Frieden eine politische Frage, aber es wäre zu kurz gedacht, wenn wir die Frage nur den Politikern überlassen würden. 

Gerade in einer Zeit, in einer Zeit des Aufrüstens, gilt es, den Glauben an den Frieden zu bewahren und die Hoffnung auf das Wunder des Friedens nicht loszulassen. Frieden kommt selten mit einem lauten Knall. Vielmehr wächst er leise – im ehrlichen Gespräch, im Mut, Unrecht beim Namen zu nennen, in der Bereitschaft, aufeinander zuzugehen, zuzuhören, Interesse zu zeigen, zu vergeben und neu anzufangen.

Frieden wecken heißt: sich nicht von Angst und Hass leiten zu lassen, sondern von Hoffnung und Vertrauen. Frieden beginnt im eigenen Herzen. Wir können ihn nicht erzwingen, aber wir können ihn an den Orten, an die Gott uns stellt wecken – durch kleine Schritte, durch Mut, durch Mitgefühl. Was daraus wächst, liegt nicht allein in unserer Hand. Aber wir dürfen gewiss sein: Jeder noch so kleine Schritt hin zu einem Mitmenschen ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Frieden ist kein Zustand, sondern eine Entscheidung - täglich neu getroffen. 'Komm den Frieden wecken' heißt: Wir müssen ihn leben, bevor wir ihn sehen." (inspiriert von Dom Hélder Câmara).

Der Wochenspruch der kommenden Woche verheißt uns:„Selig sind, die Frieden stiften, denn sie werden Gottes Kinder heißen.“

Mögen uns diese Tage erfüllen mit Zuversicht, Liebe und der Kraft, den Frieden zu wecken – in uns und um uns herum.

Marion Schmidt-Biber

 


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