„Oft ist man jahrelang Teil der Familie“: Pflegefachkräfte der Diakoniestation Biedenkopf erzählen

„Oft ist man jahrelang Teil der Familie“: Pflegefachkräfte der Diakoniestation Biedenkopf erzählen

„Oft ist man jahrelang Teil der Familie“: Pflegefachkräfte der Diakoniestation Biedenkopf erzählen

# DigitalesDekanat - Diakonie

„Oft ist man jahrelang Teil der Familie“: Pflegefachkräfte der Diakoniestation Biedenkopf erzählen

Anlässlich des „Tags der Pflege“ 2025 haben wir mit Rosi Jung, Martina Schneider und Jürgen Kremer von der Diakoniestation Biedenkopf über ihre Arbeit gesprochen. Der Tag wird mitunter auch als „Tag der Pflegenden“ bezeichnet. Intention des Gedenktages ist es, die Bedeutung des Pflegeberufs sichtbar zu machen, die Leistungen und das Engagement der Pflegenden zu würdigen sowie auf die Herausforderungen und Missstände im Pflegebereich aufmerksam zu machen.


INFO Diakoniestation Biedenkopf Bei der Diakoniestation Biedenkopf arbeiten derzeit 25 Angestellte in Voll- und Teilzeit in der Pflege und in der Hauswirtschaft für mehr als 150 Klienten. Im Herbst oder Frühjahr kommenden Jahres soll zum ersten Mal ein/e Auszubildende/r eingestellt werden. Drei Mitarbeitende sind in der Verwaltung eingesetzt. Das Versorgungsgebiet umfasst die Kommunen Allendorf/Eder, Battenberg und Hatzfeld im Oberen Edertal sowie Breidenbach und Biedenkopf. Träger der Diakoniestation Biedenkopf (und auch der Diakoniestation Gladenbach) ist das Evangelische Dekanat Biedenkopf-Gladenbach. (Foto: Klaus Kordesch /eöa)

Für die Diakoniestation Biedenkopf arbeiten derzeit 25 Angestellte in Voll- und Teilzeit in der Pflege und in der Hauswirtschaft für mehr als 150 Klienten. Im Herbst oder Frühjahr kommenden Jahres soll zum ersten Mal ein/e Auszubildende/r eingestellt werden. Drei Mitarbeitende sind in der Verwaltung eingesetzt. Das Versorgungsgebiet umfasst die Kommunen Allendorf/Eder, Battenberg und Hatzfeld im Oberen Edertal sowie Breidenbach und Biedenkopf. Träger der Diakoniestation Biedenkopf (und auch der Diakoniestation Gladenbach) ist das Evangelische Dekanat Biedenkopf-Gladenbach. 

Das Foto oben links zeigt den Standort im Kirchenbüro "Kirche vor Ort" im Einkaufszentrum Battenfeld, rechts unten ist die Diakoniestation in Biedenkopf zu sehen. (Foto: Klaus Kordesch /eöa) 

Die Diakoniestation in Biedenkopf (Foto: Klaus Kordesch /eöa)

? „Der "Tag der Pflege" soll als Anlass dienen, Anerkennung, Dank, Wertschätzung und Ermutigung für Pflegekräfte auszudrücken und das Bewusstsein für ihre zentrale Rolle in der Gesundheitsversorgung zu stärken“. Erleben Sie Anerkennung, Dank, Wertschätzung und Ermutigung auch in Ihrer täglichen Arbeit?

Martina Schneider (MS): „Wir erfahren viel Wertschätzung von Klienten und ihren Angehörigen. Das liegt vielleicht auch daran, dass wir durch unseren Arbeitgeber mit der „Diakonischen Zeit“ (siehe Infokasten) die Möglichkeit haben, nicht nur die pflegerischen Arbeiten zu erledigen, sondern auch mit den Klienten zu sprechen, zuzuhören oder zu beten, ganz wie gewünscht. Manchmal bekommen wir auch eine kleine Tafel Schokolade.“ (lacht)

INFO „Diakonische Zeit“

Diakonische Zeit“ kann von den Mitarbeiterinnen der Diakoniestation Biedenkopf für (Zeit-)Leistungen zugunsten der Klienten und Angehörigen eingesetzt werden, die nicht mit den Pflegekassen abgerechnet werden können, beispielsweise für Beistand in Krisensituationen, besonderen Zuwendungsbedarf und Unterstützung, die über die rein pflegerischen Aufgaben hinausgeht.

Martina Schneider (MS) ist Staatlich examinierte Altenpflegerin und arbeitet in der Pflege, seit sie 16 Jahre alt ist. „In der Pflege arbeiten muss man wollen, das ist kein Job, den man zum Gelderwerb macht!“, ist sie überzeugt. Sie stammt aus einer Familie, in der viele in der Pflege arbeiten. Martina Schneider lebt in Burgwald und ist seit Oktober 2009 für die Diakoniestation Biedenkopf in den Gemeinden des Oberen Edertals im Einsatz.

? "Was motiviert Sie, in der Pflege zu arbeiten?

MS „Es ist kein Job, den man machen kann, nur um Geld zu verdienen. Das kommt aus dem Herzen heraus. Es gibt natürlich Nachteile, wie etwa die Wochenendarbeit. Aber das verteilt sich im Team auf viele Schultern. Ich habe vorher auch im Altenheim gearbeitet und empfinde das Zuhause-Versorgen der Menschen wie wir es tun als schöner.“

Rosi Jung (RJ): „Oft ist man jahrelang Teil der Familie. Man wird zum Freund, kennt die Enkel und Urenkel und erzählt auch von der eigenen Familie.“

Rosi Jung (RJ) hat lange in einem Seniorenheim gearbeitet. Sie ist Pflegefachkraft und Krankenschwester mit Palliativ-Ausbildung, hat eine Vollzeitstelle und führt auch Beratungsgespräche mit den Klienten. Sie wohnt in Biedenkopf und arbeitet seit Mai 2024 bei der Diakoniestation, weil sie sich dank der „Diakonischen Zeit“ (siehe Infokasten) mehr Zeit für die Menschen nehmen kann. (Foto: Klaus Kordesch /eöa)


Rosi Jung (RJ) hat lange in einem Seniorenheim gearbeitet. Sie ist Pflegefachkraft und Krankenschwester mit Palliativ-Ausbildung, hat eine Vollzeitstelle und führt auch Beratungsgespräche mit den Klienten. Sie wohnt in Biedenkopf und arbeitet seit Mai 2024 bei der Diakoniestation, weil sie sich dank der „Diakonischen Zeit“ (siehe Infokasten) mehr Zeit für die Menschen nehmen kann.

? Was ist besonders herausfordernd an Ihrer Arbeit – körperlich und emotional?

RJ „Die körperlichen Herausforderungen haben sich sehr verändert in den vergangenen Jahren. Heute gibt es viele Hilfsmittel wie Lifter und Pflegebetten, da ist eher der durch den Zeitfaktor verursachte Stress das Thema.“

Jürgen Kremer (JK): „Mitunter kommen wir auch in ein schwieriges häusliches Umfeld. Manchmal sind wir die einige Bezugsperson, die ein Mensch noch hat. Und der Tod eines Klienten geht uns natürlich auch persönlich nah.“

MS: „Herausfordernd ist auch, dass man nie weiß, was einen heute beim Klienten erwartet. Ja, und viele haben außer uns kaum noch andere Kontakte."

Jürgen Kremer (JK) ist seit September 2022 Pflegedienstleiter der Diakoniestation Biedenkopf. Vorher war er unter anderem als Pflegedienstleiter in der Diakoniestation Bad Vilbel, als Leiter eines Ambulanten Pflegedienstes in München und Wohnbereichsleitung im Sozialzentrum der Arbeiterwohlfahrt in Gladenbach tätig. (Foto: Klaus Kordesch /eöa)


Jürgen Kremer (JK) ist seit September 2022 Pflegedienstleiter der Diakoniestation Biedenkopf. Vorher war er unter anderem als Pflegedienstleiter in der Diakoniestation Bad Vilbel, als Leiter eines Ambulanten Pflegedienstes in München und Wohnbereichsleitung im Sozialzentrum der Arbeiterwohlfahrt in Gladenbach tätig. (Foto: Klaus Kordesch /eöa)


? Gibt es Wünsche / Forderungen zum Tag der Pflege an die politisch Verantwortlichen / an die Gesellschaft?

JK: „Hauswirtschaftliche Leistungen sind nicht refinanzierbar, da wäre dringend eine bessere Vergütung erforderlich. Zumal diese ja normalerweise zuerst angefragt werden: Bevor ich pflegerische Hilfe benötige, brauche ich jemanden, der mir im Haushalt helfen kann. Diese strukturellen Defizite führen zu finanziellen Engpässen, da sehe ich die Politik wie die Kassen in der Pflicht.“

MS: „Ein weiterer Wunsch wäre die Stärkung des Ehrenamts seitens der Politik. Seit der Zivildienst weggefallen ist, können Bedürfnisse wie Betreuung, Fahrdienste, Spazierengehen und Spielen nur sehr mühsam mit Ehrenamtlichen abgedeckt werden.“

? Was müsste sich konkret ändern für bessere Arbeitsbedingungen?

MS: „Mehr Kolleginnen und Kollegen wären gut für das Team. Das doppelte Dokumentieren kostet unnötig viel Zeit: Neben der digitalen Erfassung muss man die Leistungen in einer Dokumentenmappe beim Klienten eintragen. Das verlangen die Kassen."

RJ „Der Pflegeaufwand kann in vorgegebenen Zeiteinheiten mit den Kassen abgerechnet werden, die von einem Normalfall ausgehen. Wenn beispielsweise ein Parkinsonpatient nicht schneller kann, sind diese nicht einzuhalten. Da kann das Duschen dann auch mal eine Stunde dauern.“

? Welche Rolle spielt es für die Arbeit, dass die Diakoniestation Teil der evangelischen Kirche ist?

JK „Wir machen die soziale Arbeit der Kirche; es wäre schön, wenn das sowohl in der Öffentlichkeit als auch in den Kirchengemeinden mehr bekannt wäre.“

MS: „Viele möchten von der Diakoniestation versorgt werden, weil sie uns schon kennen, von ihren Großeltern etwa. Und sie wissen, dass wir mit ihnen auch beten oder über Gott sprechen, wenn sie das wollen.“

RJ: „Viele entscheiden sich bewusst für einen kirchlichen Träger, andere suchen lieber kleinere private Pflegedienste.“

? Wer kann sich an die Diakoniestation Biedenkopf wenden und wann?

JK „Jeder, der Fragen rund um Pflege und Pflegeleistungen hat. Wir bieten Grund- und Behandlungspflege an. Das reicht vom Spritzengeben über die Tablettengabe und das Anziehen von Kompressionsstrümpfen bis hin zur Parenteralen Ernährung. Die Diakoniestation kann im Prinzip alles, was an ambulanter Pflege am Menschen getan werden muss. Darüber hinaus machen wir Unterstützungsangebote für pflegende Angehörige.“

Info Parenterale Ernährung

Die Parenterale Ernährung ist eine Variante der künstlichen Ernährung, bei der alle notwendigen Nährstoffe – wie Kohlenhydrate, Aminosäuren, Fette, Elektrolyte, Vitamine und Spurenelemente – direkt über Infusionen in den Blutkreislauf verabreicht werden, ohne dass der Magen-Darm-Trakt beteiligt ist.

? Wie sieht der typische Tagesablauf einer Angestellten im Ambulanten Dienst aus?

RJ „Im Idealfall hat jeder im Team immer die gleichen Klienten mit den gleichen Leistungen, die erbracht werden müssen. Also etwa morgens den Klienten die Kompressionsstrümpfe anziehen, aus dem Bett helfen, beim Duschen unterstützen, den Toilettenstuhl leeren und die Medikamente richten.“

Martina Schneider (MS). (Foto: Klaus Kordesch /eöa)






"Pflege muss man wollen!"
Martina Schneider (MS).
(Foto: Klaus Kordesch /eöa)


MS „Vielen Klienten und auch Angehörigen sind feste Zeiten und durchgetaktete Strukturen sehr wichtig. Unsere frühesten Touren starten um 6 Uhr, die späteren und die „Müttertouren“ ab halb acht.“

? Soziale Berufe werden oft schlecht bezahlt. Wie sieht das bei einer Pflegekraft der DS Bid aus?

Rosi Jung (RJ). (Foto: Klaus Kordesch /eöa)


"Bei einem Parkinsonpatient kann das Duschen auch mal eine Stunde dauern anstelle der vorgesehenen zehn Minuten. Das wird aber nicht bezahlt."
Rosi Jung (RJ).
(Foto: Klaus Kordesch /eöa)


JK: „Unsere Mitarbeitenden werden als Angestellte der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) nach der Kirchlichen Dienstvertragsordnung (KDO der EKHN) vergütet. Wir bieten ihnen zudem das flexible Lebensarbeitszeitkonto, die kirchliche Zusatzrente und Gesundheitsprävention wie Unterstützung bei Fitnessstudio-Beiträgen, Rückenschule und Job-Bike. Eine Besonderheit sind unsere „Müttertouren“, in denen die Kolleginnen zum Beispiel zwischen 8 und 12 Uhr arbeiten, um Kindergarten- und Schulzeiten wahrnehmen zu können. Wir versuchen auch darüber hinaus, das passend zu machen: Es gibt eine Mitsprache bei der Dienstplan- und Tourengestaltung.“


„Wer in der Pflege arbeiten möchte, sollte sich bei uns bewerben!




„Wer in der Pflege arbeiten möchte, sollte sich bei uns bewerben!" Jürgen Kremer ist Pflegedienstleiter der Diakoniestation Biedenkopf. (Foto: Klaus Kordesch /eöa)

? Stichwort Pflegenotstand und Fachkräftemangel: Welche Mitarbeitenden sucht die Diakoniestation?

RJ+MS+JK: „Wer in der Pflege arbeiten möchte, sollte sich bei uns bewerben. Es gibt Kurse und Fortbildungen; man kann vieles lernen, auch als Quereinsteiger oder jemand, der nach einer Pause wieder in den Beruf einsteigen will. Wichtig ist: Man muss es wollen!“

JK: „Für Herbst dieses Jahres oder im Frühjahr 2026 suchen wir auch eine Auszubildende oder einen Auszubildenden."

! Vielen Dank für die Einblicke in Ihren Alltag und alles Gute für Ihre wertvolle Arbeit!

Das Interview führte Klaus Kordesch, Öffentlichkeitsreferent des Evangelischen Dekanats Biedenkopf-Gladenbach.

Dies könnte Sie auch interessieren

0
Feed